Macht und soziale Intelligenz - Warum moderne Gesellschaften zu scheitern drohen by Michael Pauen

Macht und soziale Intelligenz - Warum moderne Gesellschaften zu scheitern drohen by Michael Pauen

Autor:Michael Pauen
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Gesellschaft, Gesellschaftskritik, Politikwissenschaft, Sozialwissenschaft, Soziologie, Kulturpessimismus
Herausgeber: Fischer
veröffentlicht: 2019-05-21T22:00:00+00:00


3.

Sozialpsychologie

Doch kann man wirklich davon ausgehen, dass hier ein echter Zusammenhang besteht? Kann es nicht ein reiner Zufall sein, dass die Entwicklung von Wohlfahrtsprogrammen und kompensatorischen Steuersystemen ausgerechnet nach dem Ende der großen Kriege stattgefunden hat? Ich habe bereits deutlich gemacht, warum dies äußerst unwahrscheinlich ist: Zum einen findet die Entwicklung nicht in einem oder zwei Fällen statt, sondern in praktisch sämtlichen westlichen Staaten, sie findet statt unter vergleichbaren und extrem ungewöhnlichen Bedingungen nach dem Ende von zwei katastrophalen Weltkriegen und der anhaltenden atomaren Vernichtungsdrohung. Zudem haben die obigen Fallstudien vergleichbare Beispiele aus anderen Epochen geliefert, in denen Katastrophen oder gewaltsame Auseinandersetzungen ebenfalls ähnliche Folgen hatten. Ich hatte in diesem Zusammenhang auf den Egalitarismus in frühen menschlichen Gesellschaften und die Entstehung der Demokratie in der griechischen Antike hingewiesen – in beiden Fällen herrschte äußerer Druck durch kriegerische Konflikte. Weitere Beispiele lieferten die Gründung von Wohlfahrtseinrichtungen nach den Pestkatastrophen des Mittelalters und die Reformen in Preußen nach der Niederlage von Jena und Auerstedt. Die historische Evidenz ist also ziemlich stark. Letztlich wird hier jedoch ein psychologischer Zusammenhang unterstellt: Gruppen sollten ihre inneren Strukturen ändern, wenn sie unter äußeren Druck geraten.

Bevor ich nach Belegen für einen solchen psychologischen Zusammenhang suche, scheint mir eine weitere Bemerkung über die Natur des gesuchten Zusammenhangs angebracht: Wie bereits erwähnt, wird hier kein Automatismus unterstellt, so als würden externe Bedrohungen den Zusammenhalt von Gruppen quasi erzwingen. Dies ist allein schon wegen der hohen Zahl von Einflussfaktoren unmöglich, die auf menschliche Gesellschaften einwirken und sich dabei gegenseitig verstärken, aber auch neutralisieren können. Doch die Probleme bei der Erfassung solcher Einflüsse erlauben es natürlich nicht, deren Existenz zu ignorieren – insbesondere dann nicht, wenn einzelne Faktoren dominant werden. Und genau darum geht es hier: Behauptet wird also, dass der anhaltende äußere Druck einen wichtigen Einfluss auf die Entwicklung der westlichen Staaten in der Nachkriegszeit ausgeübt hat.



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